U2 – Songs Of Experience

Von am 10. Dezember 2017

ALBUM der WOCHE KW 50/2017

Sie sind jetzt seit über dreißig Jahren zusammen und das ist eine Ewigkeit im Pop. Seitdem ihr fünftes Album „The Joshua Tree“ sie 1987 in die Stadien katapultierte, halten sich U2 auf dem Platz der größten Rockband des Planeten. Keine Band hat sich öfter neu erfunden und ist dabei so konsistent geblieben. Immer wieder haben U2 überraschende Alben und atemberaubende Live-Shows hingelegt. In dieser ganzen Zeit versuchten natürlich verschiedenste Konkurrenten, ihren Thron zu stürmen. Erst The Clash, dann The Smiths, Nirvana, die Stone Roses und Blur. Einmal dachte man, R.E.M. würde sie übertrumpfen oder Oasis. Man mag noch andere Bands aufzählen: Radiohead, The Killers, Kings of Leon – aber je mehr man aufzählt, desto aussichtsloser wird der Vergleich.

Was dabei am meisten besticht und ihre Konkurrenten in Rage bringt: U2 haben eigentlich immer die Spielregeln des Rock´n´Roll ignoriert. Kein wilder Sex. Keine Drogen (Ausnahme: Bassist Adam Clayton vor seinem Entzug). Nicht mal wirklich Rock´n´Roll – die Rolling Stones und die Christen von U2 sind Lichtjahre voneinander entfernt. Denn U2 verbreitet weder rebellisches Gedankengut und Teenager-Angst, sondern Freude. Das machte sie schon immer unbeliebt in London – Hauptstadt der Ironie – wo Freude total uncool ist, peinlich. Und das ist womöglich das Rückgrat ihrer drei Dekaden andauernden Glorie: U2 sind nicht cool. Sie haben keine Angst davor, dass sie jemand peinlich finden könnte, denn sie sind wirklich gut. Frontmann Bono ahnte das alles schon 1981, kurz nach der Veröffentlichung von U2s Debütalbum „Boy“. „Ich glaube, es ist unsere Bestimmung, eine der großen Bands zu werden“, sagte er keck dem „Rolling Stone“ im Interview. „Es gibt diese Chemie, diesen Zündfunken, der die Stones, die Who, die Beatles so einzigartig gemacht hat, und wir haben ihn auch.“ Mächtige Worte vom damaligen Milchbart, aber er sollte Recht behalten.

Grundverantwortlich für den Sound der „besten Band der Welt“ ist Gitarrist David Howell Evans alias „The Edge“, den der „Rolling Stone“ 2003 in seine Liste der „100 Besten Gitarristen aller Zeiten“ aufnahm. In über dreißig Jahren ist viel mit der Band passiert. 1981 fanden sie auf ihrem zweiten Album „October“ Gott. 1983 machten sie Politrock mit „Sunday Bloody Sunday“. 1987 legten sie mit „The Joshua Tree“ einen Americana-Meilenstein hin. 1991 setzten die Jungs auf „Achtung Baby“ Sonnenbrillen auf und montierten Disco-Kugeln und 2004 schloss sich der Kreis des Rock´n´Roll mit dem Album „How To Dismantle An Atomic Bomb“ wieder. „Ein Grund ihrer Langlebigkeit“, sagt ihr Produzent und Weggefährte Brian Eno, „liegt darin, dass es U2 nie um sich selbst gegangen ist.“

Das alles konnte man 1976 noch nicht voraussehen. Damals gründete der erst 14-jährige Larry Mullen eine Band in der Mount Temple High School in Dublin: mit sich selbst am Schlagzeug, Paul Hewson alias Bono als Sänger, Adam Clayton am Bass und den Brüdern Dave und Dik Evans an der Gitarre. Erst nannten sie sich „Feedback“, dann „The Hype“, und schließlich „U2“. Im September 1979 erschien die EP „U2−3“ bei CBS in Irland. Sie enthält den frühen Hit „Another Day“. Seither legten U2 eine beispiellose Karriere hin. Alle Alben enthalten zumeist mehrere Hymnen, die bis heute mit der Band verknüpft sind:  „Sunday Bloody Sunday“, „New Year´s Day“, „With or Without You”, „I Still Haven’t Found What I’m Looking For”, „Where the Streets Have No Name”, „Beautiful Day“,„Ordinary Love”. Alles Hits, die auf der ganzen Welt gespielt werden.

Mit dem Album „Songs Of Experience“ veröffentlichen U2 am 1. Dezember 2017 ihr 14. Studioalbum. Es ist der Nachfolger des 2014er Longplayers „Songs Of Innocence“. Dass sich beide Werke namentlich ähneln ist natürlich kein Zufall: U2 beziehen sich hier auf eine Gedichtsammlung des Poeten William Blake aus dem 18. Jahrhundert. Bono hat sich tatsächlich von dem englischen Dichter inspirieren lassen. Dem U2-Frontmann gefiel der Gedanke Blakes, das der Mensch und dessen Seele mit einer naiven, verletzlichen Seite, die Reise seines Lebens antritt, und mit einer erfahrenen Seele zurückkehrt. Auf „Songs Of Innocence“ sieht Bono sich und die Band als eine Person, die zu einer Reise aufbricht. Beim neuen Album „Songs Of Experience“ fühlte er sich von der Person inspiriert, die von ihr zurückkehrt und zurückschaut – während sie nicht nur Unschuld, sondern auch Zeit verloren hat.

„Songs Of Experience“ ist politisch gemeint, aber nur wenig politisch angehaucht. Es ist ein zum Teil mildes Album das zwischen Liebesbekundungen, Nostalgie und Sozialkritik hin und her gleitet.

Offizielle Webseite

Titel:

01. Love Is All We Have Left, 02. Lights of Home, 03. You’re The Best Thing About Me, 04. Get Out Of Your Own Way, 05. American Soul, 06. Summer of Love, 07. Red Flag Day, 08. The Showman (Little More Better), 09. The Little Things That Give You Away, 10. Landlady, 11. The Blackout, 12. Love is Bigger Than Anything in Its Way, 13.13 (There Is A Light)

Fotos/Textauszüge: Universal Music

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